22. Juli 2024vonRA Dr. Dietlind Hügel
E-Scooter II – wer ist Lenker?
Die Frage stellte sich, als zwei Personen auf einem E-Scooter eine Fußgängerzone befahren haben, den Alkoholtest verweigerten und trotz Aufforderung eines Straßenaufsichtsorgans zum Anhalten die Fahrt ununterbrochen fortsetzten.
In diesem Zusammenhang hat der VwGH (Ra 2022/02/0163) Folgendes festgestellt:
Für E-Scooter gelten die Verhaltensvorschriften für Radfahrer – unter anderem
-> muss der Lenker mindestens zwölf Jahre alt sein
-> wer ein Fahrrad schiebt, gilt nicht als Radfahrer
-> dürfen Radfahrer erst ab vollendetem 16. Lebensjahr eine Person mitführen (ist die mitgeführte Person noch nicht acht Jahre alt, muss für sie ein eigener, der Größe des Kindes entsprechender Sitz vorhanden sein / ist die mitgeführte Person älter als acht Jahre, darf nur ein Fahrrad verwendet werden, das hinsichtlich seiner Bauart den Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen für Fahrräder zum Transport mehrerer Personen entspricht)
-> ist das Befahren einer Fußgängerzone grundsätzlich verboten.
Die Straßenverkehrsordnung enthält keine Legaldefinition, wer Lenker eines Fahrzeuges ist. Die Lenkereigenschaft muss daher durch Auslegung ermittelt werden. Dabei kommt es auf die eigentümliche Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und die klare Absicht des Gesetzgebers an. Die Grenze belastender Strafrechtsgewinnung stellt der äußerst mögliche Wortsinn dar.
Lenkereigenschaft sei beispielsweise angenommen worden,
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wenn jemand ein geparktes Fahrzeug besteige, die Handbremse löse und das leicht schräg stehende Fahrzeug zurückrollen lasse;
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ebenso wer auf einem Mopped sitzend dieses ohne Motorkraft über eine Wegstrecke von vier bis fünf Meter vom Gehsteig auf die Straße rollen lasse oder
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wer sich auf dem Mopped sitzend und mit beiden Füßen anschiebend fortbewege oder
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wer den Zündschlüssel ins Schloss des Fahrzeuges stecke, die Lenkradsperre und die Automatik löse und dabei „so halb“ im Fahrzeug sitzend und mit einem Fuß im Fahrzeug und mit dem anderen auf der Straße die Lenkung bediene und mit einer oder mehreren Personen das Fahrzeug in eine Gasse zurückschiebe, ohne dass dabei der Motor des Fahrzeugs laufe.
Für das Lenken eines Fahrzeugs sei aber jedenfalls eine aktive Handlung und wirksame Tätigkeit erforderlich. Die bloße Möglichkeit, auf die Fahrgeschwindigkeit bzw. –richtung Einfluss zu nehmen, ohne dies tatsächlich zu tun, reiche nicht – sonst wäre jeder Fahrzeuginsasse oder Mitfahrende Lenker; eine derartige – ausufernde – Lenkerdefinition sei dem Gesetz nicht zu unterstellen.
Auch mehrere Personen könnten grundsätzlich als Lenker eines E-Scooters angesehen werden. Wer allerdings lediglich die Hände an der Lenkstange gehabt habe, ohne das Lenkverhalten (bzw. die Fahrgeschwindigkeit) beeinflusst zu haben, sei nicht Lenker.
Im konkreten Fall wurde daher die Strafe gegen den Mitfahrer aufgehoben bzw. herabgesetzt …
Auch E-Scooter-(Mit)Fahrern hilft rechtliche Beratung und notfalls Vertretung 🙂
Rechtsanwältin DR. DIETLIND HÜGEL,
Nüziders (Vorarlberg),
Telefon 05552/62101
Mehr zum Thema E-Scooter -> in meinem Beitrag vom 27.04.2023