23. Juli 2025vonRA Dr. Dietlind Hügel
Internet-Domain -> Übertragung und Pfändung …
In einem aktuellen Fall wurde gegen die Pfändung einer Internet-Domain „I*.at“ geklagt. Die Klägerin brachte vor, sie sei durch Kaufvertrag Eigentümerin der betroffenen Internet-Domain geworden.
Das Erstgericht wies die Klage ab; das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.
Das Höchstgericht (3 Ob 32/25i) stellte die Entscheidung des Erstgerichts wieder her und traf interessante Feststellungen:
Eine Exekutionsführung in die Rechte an einer Internet-Domain sei möglich und zulässig. Gegenstand der Pfändung sei die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Registrierungsstelle zustehen würden. Ein Dritter, der einen Eingriff in das die Domain betreffende Verfügungsrecht geltend mache, könne grundsätzlich Exszindierungsklage erheben.
Eine Domain bzw. ein Domainname sei ein eindeutiger, leicht verständlicher Name („Adresse im Internet“), der einer bestimmten Internetpräsenz zugeordnet werde und dazu diene, komplizierte IP-Adressen durch verständliche Begriffe zu ersetzen, um Websites und Internetdienste eindeutig zu identifizieren und Internetinhalte über Computer, Server oder Internet-Dienste leichter abrufen zu können. Jeder Domainname könne weltweit nur einmal vergeben werden. Er sei hierarchisch aufgebaut und setzte sich aus der Top-Level-Domain (zB „.at“, „.com“), der Second-Level-Domain (dem eigentlichen Namen, den ein Unternehmen, eine Organisation oder eine Privatperson ausgewählt habe) und einer oder mehreren Sub-Domains (zB „www“ oder „shop“) zusammen. Die Top-Level-Domain kennzeichne bei länderspezifischen Bezeichnungen den Staat der Registrierung (zB „.at“ für Österreich oder „.de“ für Deutschland) und bei generischen Domains den Typus (zB „.com“ für kommerziell, „.org“ für Organisationen oder „.net“ für Netzwerk).
Die Vergabe von Domainnamen erfolge auf mehreren organisatorischen Ebenen. Die höchste Instanz sei die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers). Sie koordiniere weltweit die Zuteilung der Top-Level-Domains, lege die grundlegenden Regeln fest und beauftrage sogenannte „Registries“ (Registrierungsstellen) mit dem Betrieb einzelner Top-Level-Domains. Die jeweilige Registrierungsstelle sei also die technische und administrative Betreiberin einer bestimmten Domain-Endung. Für jede Top-Level-Domain gebe es nur eine Registrierungsstelle.
Die Registrierung einer Domain mit den Endungen „.at“, „or.at“, und „.co.at“ erfolge über die „nic.at“. Sie sei die österreichische Registrierungsstelle und Vertragspartnerin der jeweiligen Domain-Inhaber.
Aufgrund der technischen Gegebenheiten schließe die Innehabung einer Domain andere Personen als den registrierten Inhaber von der Registrierung derselben Domain aus. Rein rechtlich verschaffe die Innehabung einer Domain dem Inhaber aber lediglich eine vertragliche Rechtsposition aus dem Registrierungsvertrag mit der Registrierungsstelle. Grundsätzlich seien Domains zwar übertragbar und auch pfändbar. Auf den Erwerber werde aber nur die vertragliche Rechtsposition übertragen. Die Übertragung einer Domain erfolge somit nach den Grundsätzen der Vertragsübernahme (samt Abtretung der vertraglichen Rechte) unter Einbindung der Registrierungsstelle, wobei der Registrierungsvertrag bzw. die diesem zugrunde liegenden AGB der Registrierungsstelle idR nähere Bestimmungen dafür vorsehen würden. Die Übertragung einer Domain bedürfe somit jedenfalls der Mitwirkung und grundsätzlich auch der Zustimmung der jeweiligen Registrierungsstelle. Die gesonderte Zustimmung sei entbehrlich, wenn die Registrierungsstelle die Domains in ihren AGB als frei übertragbar erklärt habe. Seien mit dem Domainnamen geschützte Rechte, wie etwa Marken- oder Urheberrechte verbunden, müssten dem Erwerber zur unbeschränkten Nutzung der Domain auch die entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt werden. Die Nutzung der Domain sei somit von der (bloßen) Übertragung derselben zu unterscheiden.
Die Übertragung einer .at-Domain erfolge nach den AGB der nic.at: Zwei Schritte seien erforderlich – nämlich die Übermittlung einer schriftlichen Inhaberwechsel-Bestätigung (unterschrieben vom bisherigen Inhaber und vom Übernehmer der Domain) und danach (innerhalb einer bestimmten Frist) zusätzlich ein Online-Auftrag des Übernehmers. Gegenüber der nic.at gelte nur derjenige als Domain-Inhaber, der in die entsprechende Datenbank der nic.at als Inhaber eingetragen sei. Nur dieser könne wirksam über die Domain verfügen. Der Erwerber erlange somit erst mit der Eintragung (seiner Daten) als neuer Domain-Inhaber in die Datenbank die Rechtsposition als Domain-Inhaber und die Verfügungsbefugnis über die Domain.
Im konkreten Fall habe die Klägerin kein solches Formular ausgefüllt übermittelt und wurde der Kaufvertrag unstrittig erst nach der bereits durchgeführten gerichtlichen Pfändung „verschriftlicht“; die Voraussetzungen für eine wirksame Übertragung der gegenständlichen Domain auf die Klägerin seien nicht erfüllt. Gegenständlich richteten sich Titel und Modus der Übertragung der Domain zwischen zwei Unternehmen mit Sitz im Ausland nicht nach fremdem Recht (zur Debatte stand jenes von Gibraltar; die Klägerin hatte in der Berufung vorgebracht, die Domain sei nach den auf den Kaufvertrag anzuwendenden Gesetzen von Gibraltar rechtswirksam erfolgt) – nach den in den zu übertragenen Vertrag einbezogenen AGB fehlte die für die wirksame rechtsgeschäftliche Übertragung der Domain erforderliche Einbindung der Registrierungsstelle nic.at.
Auch bei Übertragung oder Pfändung einer Domain hilft rechtzeitige Rechtsberatung 🙂
Rechtsanwältin DR. DIETLIND HÜGEL,
Nüziders (Vorarlberg),
Telefon 05552/62101